Verkehrssicherung an öffentlichen Gewässern
Seit einigen Jahren sorgt in vielen Gemeinden das Thema „Verkehrssicherung an öffentlichen Gewässern“ für große Diskussionen.
In seiner Sitzung vom 21. Juli 2021 hat der Gemeinderat einstimmig beschlossen, die Balken des Nichtschwimmerbereichs im St.-Anna-Weiher sowie den Steg im Schmiedeweiher in Abstimmung mit den Fischerfreunden Bellamont abzubauen.
Dies liegt insbesondere an zwei Urteilen, an einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2017 und einem Urteil des Amtsgerichts Schwalmstadt aus dem Jahr 2020.
Das Gericht hat die Verantwortlichen der Gemeinde wegen Verstoß gegen die besonderen Verkehrssicherungspflichten an Gewässern und der fahrlässigen Tötung von drei Kindern verurteilt.
Grundsätzlich darf jede Person oberirdische Gewässer in einer Weise und in einem Umfang benutzen, wie dies als Gemeingebrauch zulässig ist, etwa für das Schwimmen.
Der Eigentümer eines Gewässers, das dem Gemeingebrauch unterliegt, kann auch nicht einfach ein Badeverbot aussprechen.
Viele Kommunen belassen es aber nicht bei dem Gemeingebrauch. Sie stellt eine Infrastruktur wie eine Wasserrutsche, Duschen und Umkleidekabinen, Nichtschwimmerbereiche usw. bereit und macht das Baden so noch attraktiver. Anders als beim Gemeingebrauch nimmt sie das Baden also nicht nur hin, sondern signalisiert, dass an ihrem Gewässer gebadet werden kann.
Gesetzliche Regelungen, die das Baden in Gewässern betreffen, gibt es nur vereinzelt. Zu den Fragen, die das Fördern des Badebetriebs aufwirft, existieren keine expliziten Regelungen.
Unterschieden wird hierbei bei den Badegelegenheiten zwischen „Badestelle“ und „Naturbad“.
Vereinfacht beschrieben ist eine Badestelle im Gegensatz zu einem Naturbad frei zugänglich, es liegen keine Sprungeinrichtungen wie Badestege oder Wasserrutschen vor, und es gibt keine Badeaufsicht.
Ziel muss es sein, die Verkehrssicherungspflicht und daraus resultierende Verpflichtungen für die Gemeinde wie insbesondere Haftungsfragen möglichst gering zu halten und eine Verpflichtung zur Beaufsichtigung des Badebetriebes zu vermeiden.
Im 2017 ergangenen höchstrichterlichen Urteil des BGH heißt es, "wenn Anlagen am Badestrand stehen, hat eine Schwimmaufsicht den Badebetrieb zu überwachen".
Handelt es sich also um einen See mit einem Steg oder ähnlichem, ist die Kommune in der Pflicht. Im besagten Urteil heißt es an anderer Stelle: "Wer eine Gefahrenquelle schafft, hat eine Verkehrssicherungspflicht".
Zudem liege die Beweislast bei Unfällen bei der Kommune, indem nachzuweisen ist, dass die Gemeinde alles Notwendige für die Sicherheit getan habe.
Nach herrschender Meinung reicht auch eine Sperrung vorhandener Badestege etwa mit einem Geländer oder einem Sprungverbot nicht aus. Die Erfahrung zeigt auch, dass Sprungverbote insbesondere von Kindern regelmäßig ignoriert werden.
Unkritisch sind dagegen Uferbereiche in Privatbesitz, da in diesem Fall auch die Haftung auf der privaten Seite liegt.
Diese aus diesen Urteilen resultierenden Ausführungen deuten leider auf eine Haltung hin, die die persönliche Eigenverantwortung und das allgemeine Lebensrisiko hintenanstellen und immer auf eine Schuldfrage abzielen. Dass gerade eine Nichtschwimmerabgrenzung nach diesen Überlegungen abzubauen ist und gleichzeitig die Schwimmfähigkeit von Kindern beklagt wird, erscheint geradewegs absurd. Dennoch sind der Gemeinde hier die Hände gebunden.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Priorität darauf liegt, weiterhin eine Badestelle zu haben, an der die Bürgerinnen und Bürger schwimmen können. Eine Badeaufsicht kann die Gemeinde aber sicherlich nicht organisieren bzw. auch nicht finanzieren.
St.Anna-Weiher
Schmiedeweiher
Bild zur Meldung: Verkehrssicherung an öffentlichen Gewässern